Der Bildungsmonitor der INSM: Hessen nur unteres Mittelmaß

Allgemeiner Überblick

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) hat einen wachsenden Bedarf nach IT-Fachkräften in der Wirtschaft ermittelt. Dabei spielen die Themen Demografie, Dekarbonisierung und Digitalisierung für die meisten Unternehmen eine große Rolle, wobei die Fachkräftesicherung und die Digitalisierung als größte Herausforderungen beschrieben wurden. Ein großer Bedarf wird vor allem im Bereich KI gesehen.

Innerhalb der MINT-Expertenberufe ist eine prozentuale Beschäftigungszunahme bei den IT-Berufen um 105,8 Prozent seit 2012 zu beobachten. Der Fachkräftebedarf in den IT-Berufen ist allerdings ungebrochen und es gibt es nach wie vor eine Lücke zwischen Angebot und Nachfrage.

Die Anzahl der Auszubildenden im IT-Bereich ist von rund 2.500 auf 18.100 gestiegen, auch bei den Studenten-Zahlen ist ein deutlicher Anstieg zu beobachten. Waren es 2010 noch 25.900, haben 2021 42.100 Studenten einen IT-Studiengang begonnen.

Wichtig für die Fachkräftegewinnung ist die Vermittlung digitaler Kompetenzen bereits in der Schule. In der „International Computer and Information Literacy Study“ wurde unter anderem das „Computational Thinking“ von Achtklässlern überprüft. Hier gab es gegenüber der Vorgängerstudie von 2013 keine Fortschritte bei deutschen Achtklässlern, die sich damit im internationalen Mittelfeld aber leicht über dem EU-Durchschnitt befinden.

Die gleiche Studie hat auch den Zustand der Ausstattung der Schulen mit Informations- und Kommunikationstechnologien überprüft. Demnach war der Zustand erheblich schlechter als im internationalen Durchschnitt. In deutschen achten Klassen kommen auf einen Computer 9,7 Schüler. In den USA liegt der Schnitt bei 1,6 zu 1, in Finnland bei 3,4 zu 1. Auch bei der Softwareausstattung ist erheblicher Nachholbedarf angezeigt.

Gemeinschaftliches digitales Lernen findet in Deutschlands Schulen kaum statt. Lediglich 16,5 Prozent der Achtklässler in Deutschland besuchten Schulen, in denen dieses Angebot sowohl für Lehrende als auch Lernende zur Verfügung stand. Zum Vergleich: der internationale Mittelwert liegt bei 63,1 Prozent, in der EU sogar bei 64,9 Prozent. Auch beim WLAN-Zugang erreichte Deutschland den schlechtesten Wert aller teilnehmenden Länder.

Das zeigt sich auch in der Nutzung digitaler Technologien, so setzten nur 23,3 Prozent der Lehrkräfte von Achtklässlern täglich digitale Medien im Unterricht ein. Der Mittelwert lag hier bei 47,9 bzw. im EU-Vergleich bei 47,6 Prozent. Häufig waren die Lehrkräfte die einzigen, die elektronische Geräte nutzten, dabei gab es auch große Unterschiede zwischen den einzelnen Fächern.

Die Umsetzung neuer Unterrichtskonzepte bedingt aber auch bessere Rahmenbedingungen wie die Bereitschaft von Schulleitungen und Kollegien, neue Technologien gewinnbringend einzusetzen. Nur an einer Minderheit der deutschen Schulen gibt es spezielle Programme zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Lehrern beim Einsatz digitaler Geräte und regelmäßige Gespräche mit Lehrkräften über den Einsatz digitaler Geräte für pädagogische Zwecke gibt es in ungefähr der Hälfte der deutschen Schulen. Dem digitalen Weiterbildungsbedarf wird insbesondere bei so genannten „digitalen Nachzüglern“ und dem „digitalen Durchschnitt“, also den generell etwas weniger digitalaffinen Lehrkräften, nicht genügend Rechnung getragen.

In Hessen

Bei der Entwicklung der IT-Beschäftigung liegt Hessen mit einer Veränderung von 44,0 Prozent gegenüber Q4/2012 am unteren Ende des Bundesländervergleichs. Allerdings hatte Hessen mit 3,5 Prozent den dritthöchsten Anteil der IT-Beschäftigten an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bundesländervergleich. Insgesamt waren im Q3/2021 93.336 Menschen in Hessen in der IT beschäftigt. Das entspricht etwas über 10 Prozent aller IT-Beschäftigten in Deutschland.

Im Bereich der Förderung der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler im Bundesländervergleich befindet sich Hessen in den Bereichen „Eigenständige Erstellung adressatengerechter Poster oder Präsentationen“ sowie „Einschätzen der Glaubwürdigkeit und Nützlichkeit von Informationen“ in der oberen Gruppe aller Bundesländer (Stand 2021).

In der mittleren Gruppe der Bundesländer befindet man sich bei „Erläuterung des Speicherns von Informationen in einem Dokument“, „Schritt für Schritt-Instruktionen zur Bearbeitung von Tabellen, Grafiken oder Texten“ sowie „Vermittlung der Bedeutung und des richtigen Umgangs mit Daten“. Diese stellen Basics-Bereiche dar, bei denen man mehr als mittelmäßige Kompetenzen erwarten muss.

Im unteren Bereich befindet sich das Land in den zwei Kategorien „Üben der Navigation im Internet“ und „Üben der Modellierung von Problemen und der Bearbeitung mit algorithmisierten Lösungsansätzen“.

Bezüglich der Verfügbarkeit von Breitband an Schulen werden Zahlen von Mitte 2020 aufgeführt, die damit älter als mittlerweile vorliegende Zahlen aus Hessen sind. Die letzten Zahlen besagen, dass insgesamt rund 80 Prozent aller hessischen Schulen an das Breitbandnetz angebunden sind. Unklar ist natürlich, inwiefern sich die anderen Bundesländer diesbezüglich weiterentwickelt haben. In den zugrunde liegenden Zahlen liegt Hessen auf Platz 5 der Flächenländer.

Im Bereich der Ausstattung der Schulen im Bundesländervergleich befindet sich Hessen in allen Bereichen in der mittleren Gruppe. Sowohl in der Kategorie „WLAN“, als auch beim „Technischen Stand der Computer“, der „ausreichenden IT-Ausstattung“ sowie dem „Ausreichenden Internetzugang“ befindet sich das Bundesland im Mittelmaß. Die Bezugsgruppe sind hier die Lehrkräfte.

Zur Häufigkeit der Nutzung digitaler Medien im Unterricht ist Hessen unterdurchschnittlich. Lediglich 35,5 Prozent geben in der Lehrkräftebefragung an, jeden Tag digitale Medien zu nutzen, 33,5 Prozent mindestens einmal die Woche, 13,3 Prozent mindestens einmal im Monat, 13,5 Prozent seltener als einmal im Monat und 4,2 Prozent sogar NIE. Das ist hinter Sachsen-Anhalt der zweithöchste Wert. Zum Vergleich den Spitzenreiter Bayern: 68,6% (jeden Tag), 17,8% (mind. 1*/Woche), 10,5% (mind 1*/Monat), 3,1% (seltener als 1*/Monat), 0% (Nie).

Bei der Bedingungen für die Nutzung digitaler Medien liegt Hessen in der oberen Gruppe lediglich im Bereich „Verbesserung der schulischen Leistungen durch den Einsatz von Computern“. In der unteren Gruppe befindet sich Hessen in der Kategorie „Vorhandensein eines Medienkonzepts an der Schule“. In allen weiteren Kategorien ist man in der mittleren Gruppe.

Bei der Einschätzung des Könnens und Wissens zum Einsatz digitaler Medien in bestimmten Lehr- und Lernsituationen zur Vermittlung von Fachinhalten befindet sich Hessen im Bereich „Anleitung anderer Lehrkräfte“ in der unteren Bundesländergruppe und in der „Verbesserung der Lehr- und Lernprozesse“ in der oberen Bundesländergruppe. Auch hier sind sowohl die „Vermittlung von Fachinhalten“ sowie die „Unterrichtsgestaltung“ und die „Strategien“ Mittelmaß.

Fazit

Hessen liegt bei der digitalen Bildung im unteren Durchschnitt der Bundesländer. Schwachpunkt des Landes bleibt vor allem weiterhin die Ausstattung mit schnellen Internet sowie die Nutzung digitaler Medien an den Schulen. Ich persönliche halte auch das Hessische Schulportal in dieser Form nicht für zukunftsfähig.

In letzten FDP-Landtagswahlprogramm hatten wir bereits die Forderung nach einem Informatikunterricht an Schulen. Die hessische Koalition begegnete dieser mit einem Fach „Digitale Welt“ als Modellversuch an nur wenigen Hessischen Schulen. Um Deutschland mental und ökonomisch digital voranzubringen, braucht es aber gut ausgebildete IT-Fachkräfte. Hier ist mehr Mut und mehr Tempo angezeigt

Handlungsempfehlungen für beste digitale Bildung

  • Bessere digitale Ausstattung an den Schulen
  • Bessere Ausbildung der Lehrkräfte
  • Bessere Konzepte für eine Umsetzung der Digitalisierung
  • Mehr Unterstützung bei der IT-Administration
  • Schulfach Informatik
  • Datenbasis verbessern und Evaluationen sicherstellen

Mehr Infos:

Den ISNM-Bildungsmonitor finden Sie hier in Gänze.