Winnetou & Wokeness

26.09.2022

„Seid nicht zu woke“, mahnte einst der amerikanische Präsident Barack Obama. Damit kritisierte Obama auch eigene Parteifreunde, die so stolz auf ihre Wokeness sind, dass sie andere Argumente und Haltungen moralisch diskreditieren. Wenn wir uns gegenseitig den Respekt für die Position und manchmal auch für die Person des jeweils anderen versagen, wenn wir bei aller Überzeugtheit von der eigenen Position jeden Restzweifel verwerfen, der andere könnte vielleicht auch recht haben, dann bedeutet dies eine Diskursverengung. 

Wir müssen aufpassen, dass nicht alles, was nicht der eigenen Position entspricht, zu moralisch Unsagbarem verklärt wird. Erinnern wir uns, wie in der Coronadebatte Kritiker von Maßnahmen als Coronaleugner und Befürworter von Maßnahmen in die Nähe von Diktatoren gestellt wurden. Aber zwischen jenen, die den Aluhut tragen, und jenen, die zu schnell den Gesslerhut grüßen, gibt es ganz viele Facetten, und denen sollten wir auch Raum geben. Je enger wir das Korsett des Unsagbaren schnüren, desto mehr schnüren wir den notwendigen demokratischen Diskurs und die notwendige pluralistische Debatte in unserem Land um den besten Weg ab. 

Das gilt auch für die in Deutschland wachsende woke Welle. Sie verfolgt alles, was ihnen nicht in ihr enges Wertekorsett passt: konservative Wissenschaftler, Gendersternchenverweigerer und sogar Winnetou-Verleger. Nun muss man nicht konservativ sein, kann Gendersternchen nutzen und braucht seinen Kindern keine Winnetou-Adaption vorsetzen. Aber ein Klima, das den Diskurs durch eine Art digitale Bücherverbrennung ersetzt, gefährdet die offene Gesellschaft.

Im April des letzten Jahres habe ich im Hessischen Landtag eine Plenarrede gehalten, die sich mit Europa, Populismus und der zunehmenden Verengung des Diskurses beschäftigt. Diese können Sie sich hier ansehen.

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