Fortschrittsfreiheit braucht Diskursfreiheit
Nach dem „Freiheitsindex 2022“ des Allensbach-Instituts sind nur 48 Prozent der Deutschen der Meinung, sie könnten ihre Meinung frei äußern. Früher hatte der Wert bei 60 Prozent gelegen. 37 Prozent äußern ihre Ansichten nur noch „vorsichtig“. Bereits 2020 initiierten Gunnar Kaiser und Milosz Matuschek einen Appell zur Debattenkultur im deutschen Sprachraum. Die Initiatoren sehen das freie Denken „im Würgegriff“ aus „Demonstrationsverboten, der Zensur von Karikaturisten, der Ausladung von Kabarettisten und Maßnahmen von Verlagen, die Bücher aus ihrem Sortiment genommen oder aus Bestsellerlisten entfernt haben“. Der Spiegel-Korrespondent in Washington, René Pfister, schreibt in seinem lesenswerten Buch, „Ein falsches Wort. Wie eine neue linke Ideologie aus Amerika unsere Meinungsfreiheit bedroht“ wie „Sprache zur Waffe umfunktioniert wird, mit deren Hilfe der Andersdenkende am Sprechen gehindert werden soll“. Der größte Fortschrittstreiber ist aber die Freiheit des Diskurses. Wenn eine Sprachpolizei – unter dem Vorwand der Sprachsensibilität gegenüber bestimmten Gruppen – den Diskurs verengt, gefährdet dies das freiheitliche Klima und wissenschaftlichen, ökonomischen wie gesellschaftlichen Fortschritt. Identitätspolitik überhöht regelmäßig erahnte Bedürfnisse bestimmter Gruppen gegenüber dem Einzelnen. So sehr sich auch ihre Motive unterscheiden, so haben linke Identitätspolitiker und rechte Identitäre doch eines gemein: Sie lehnen das Konzept der individuellen Freiheit ab. Stärken wir dagegen unser freiheitliches Immunsystem. Denn Freiheit stirbt scheibchenweise.
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