STIRBÖCK zum Sinemus-Interview
- CDU geführte Landesregierung auch 2019 immer noch nicht im Neuland angekommen
- Netzabdeckung, digitale Bildung, e-Government wollen wir schneller voranbringen
- Schwarz-Grün muss der Digitalministerin endlich die Fesseln lösen
WIESBADEN – „2013 hat die Kanzlerin den Begriff „Neuland“ geprägt und damit gezeigt, wie weit die CDU von der Realität der Menschen in Bezug auf das Internet entfernt ist. Wenn Digitalministerin Sinemus heute erneut diesen Begriff für ihre Regierungsarbeit prägen will, haben wir auch angesichts der bisherigen Bilanz wenig Hoffnung auf eine Digitalisierungspolitik, die den Namen verdient“, erklärt der digitalisierungspolitische Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, Oliver STIRBÖCK.
Stirböck weiter:
Auch ein halbes Jahr nach ihrem Amtsantritt bietet die Ministerin zu viel fein gedrechselte Wortakrobatik und keine konsistente Digitalstrategie. Vermissen lässt sie eine ungeschminkte Betrachtung des Status Quo. Jeder Nutzer von mobilen Endgeräten weiß, dass die“ 98-prozentige Netzabdeckung“ eine Phantomzahl ist, eine Zahl ohne Wert, die eine Haushaltsabdeckung und keine Flächenabdeckung darstellt. Sinemus verwendet trotzdem ungeniert die 98 Prozent. Die Ministerin bezeichnet Hessen ernsthaft als Silicon Valley Europas, dabei ist es gerade nicht gelungen, aus den Spitzenleistungen in einigen Forschungseinrichtungen eine Wertschöpfung nach dem Vorbild des Silicon Valleys hervorzubringen. Wer Hessen vom digitalen Entwicklungsland in Zukunft an die Spitze führen will, muss aber aufhören, die Gegenwart zu verklären. Die Frage, ob es gelingt, Digitalisierungsfortschritte zu erzielen, ist auch mitentscheidend für die Entwicklung des Landes.
Sinemus hat den Auftrag die Digitalisierung voranzubringen, aber die Zuständigkeit für zentrale Bereiche der Digitalisierung des Landes verbleibt in den klassischen Ministerien. Für Bürger und Unternehmen wird Digitalisierung besonders durch e-Government spürbar, weil sie zurecht einen Staat erwarten, der ihnen das Leben erleichtert. Die Kompetenz dafür verbleibt aber im Innenministerium. Ein besonderes Digitalisierungsdefizit zeigt sich in der Schule. Hier bietet Hessen nur Stückwerk. Schulen und Lehrer werden weitgehend allein gelassen. Es fehlen technische Lösungen, didaktische Konzepte für individuelle Lernerfolge durch Digitalisierung, konsequente Fortbildung und IT-Kompetenz für die Schulen. Die Digitalisierung schreitet hier im Schneckentempo voran. Sinemus muss offenbar das Gebiet komplett einem Ministerium überlassen, das sich bisher eher als Digitalisierungsbremse herausgestellt hat.
Die Digitalministerin hat eine schwierige Aufgabe übernommen. Den erforderlichen Veränderungswillen trauen wir ihr zu. Dafür sollte sie sich aber von markigen Überschriften lösen und eine ehrliche Bestandsaufnahme in allen Disziplinen der Digitalisierung vornehmen. Die erforderlichen Strukturen hat Schwarz-Grün ihr bisher nicht in die Hand gegeben. Die Landesregierung sollte daher die Strukturentscheidungen überprüfen und der Ministerin die Werkzeuge in die Hand geben, die sie braucht, damit sie nicht an den alten Strukturen scheitert. Bisher ist zu wenig Neuanfang im Neuland Digitalisierungsministerium.“